Zensur? – Film von Costa-Gavras in Deutschland nicht in den Kinos.
erstellt von: Axel Kleinecke am: 09.11.2020
Costa-Gavras, mehrfacher Oskar-Preisträger und weltbekannt wegen seiner politisch engagierten Filme, mit denen er konsequent für Demokratie und Menschenrechte eintrat, hat im Jahr 2019 seinen bisher letzten Film „Adults in The Room“ auf den Filmfestspielen in Venedig vorgestellt. Im Ausland ist der Film erfolgreich in den Kinos gelaufen, nur in Deutschland ist er weder im Verleih noch als DVD erhältlich. Kein einziges deutsches Kino hat ihn bisher gezeigt. Es gibt auch keine deutsche Synchronisation und keine Rezensionen über den Film in den üblichen Medien. Eine moderne Form der Zensur?
„Adults in the Room“ ist die Verfilmung des dokumentarischen Buches von Janis Varoufakis mit dem Titel „Die ganze Geschichte – Meine Auseinandersetzungen mit Europas Establishment“. Varoufakis war der griechischen Finanzministers in der Siriza-Regierung nach deren Wahlsieg 2015, und er berichtet in dem Buch über seine Verhandlungen mit der europäischen Kommission über einen sozialverträglichen Abbau der griechischen Staatsschulden. Die Schuldenkrise Griechenlands erschütterte damals Europas Finanzmärkte und in Griechenland war mit Siriza eine Mitte-Links-Regierung an die Macht gekommen, von der sich die griechische Bevölkerung endlich eine Erleichterung der Schuldenlast versprach. Die unerbittlichen Forderungen der Troika hatten in Griechenland schon die Wirtschaft ruiniert, wegen fehlenden Geldes begann die Krankenversorgung zusammenzubrechen und Arbeitslosigkeit, krasse Armut, Not und Hunger breiteten sich aus. Der Wirtschaftswissenschaftler Varoufakis hatte schonende Lösungen zur Schuldentilgung erarbeitet, die er bei den europäischen Verhandlungen unter Führung des deutschen Finanzministers Schäuble vorlegte.
Der Film stellt unterhaltsam und spannend dar, was dann in nichtöffentlichen Gesprächen geschah und schließlich zum Rücktritt von Varoufakis als Finanzminister führte, und danach zum Ausverkauf Griechenland an internationale Investoren. Das Drehbuch beruht auf gesicherten Fakten, nämlich auf präzisen Aufzeichnungen und geheimen Tonmitschnitten der Verhandlungen von Varuofakis selbst.
Was wir in dem Film über den Kurs der europäischen Verhandlungspartner und speziell auch über das unerbittliche Spardiktat Schäubles erfahren, zeigt eine kritikwürdige und teilweise menschenverachtende Politik der europäischen Kommission und speziell auch von Seiten
Schäubles, aber ist dies ein Grund, den Film in Deutschland zu unterdrücken? Der Film sei nicht aktuell, heißt es und, das Thema finde in Deutschland kein Interesse, aber tatsächlich geht es bei den gegenwärtigen Verhandlungen zur Bewältigung der Eurokrise mit den südeuropäischen Ländern wieder um eine ganz ähnliche Thematik.
Mehr über den Film und die Hintergründe dieser Quasi-Zensur in diesem Podcast von Axel Kleinecke