Folgen des Ersten Mai 2020 in Soltau: Prozess gegen ein Gewerkschaftsmitglied

erstellt von: am: 04.02.2021

GewerkschafterInnen mit Gesteck und Fahnen unter der Tafel zur Erinnerung an den 1933er Nazi-Überfall auf das genossenschaftliche Volkshaus in Soltau am 1.Mai 2020

Der Gewerkschaftsaktivist Charly Braun musste sich wegen einer Aktion am Ersten Mai 2020 in Soltau nun vor dem Amtsgericht Walsrode verantworten. Hubert Brieden sprach mit ihm im Magazin International über die Hintergründe und den Verlauf des Prozesses.

Charly Braun schreibt zu den Ereignissen am Ersten Mai 2020 in Soltau und zum Prozess:

Wie jedes Jahr am 1.MAI in Soltau gedachten 20 GewerkschafterInnen der Erstürmung des genossenschaftlichen Volkshaus durch Nazis 1933. Noch vor Beginn der 15-Minuten-Aktion tauchten 2 Zivilpolizisten auf und fragten, was die 20 Leute denn vor haben. Antwort: Gesteck ablegen, Fotos machen und eine zweite Fotoaktion mit Forderungen zur Gesundheitspolitik. Dauer knapp 20 Minuten. Damit schienen die Polizisten zufrieden, sagten „o.k.“ und fuhren weg.

Kaum war die Aktion beendet kamen 5 PolizistInnen und zur Verwunderung erklärten sie die Aktion nun als verboten. DGB-Kreisvorsitzender Charly Braun wurde zum Verantwortlichen erklärt, weil er morgens die anderen begrüßt hatte. Dabei hatte Braun betont, dass jede/r für sich selbst verantwortlich sei. Die GewerkschafterInnen, selbst mit Masken und reichlich Abstand vor Viren geschützt, beschwerten sich, weil die PolizistInnen keine Masken trugen und einigen KollegInnen sehr nahe kamen. Die Empörung war groß, zumal für die gleiche Aktion am 1.MAI 2019 das Ordnungsamt keine Versammlungsanmeldung haben wollte.

Das, auf Polizei-Initiative verhängte Ordnungsgeld kam schließlich am 27.1.21 vors Amtsgericht Walsrode.

Der verantwortliche Polizist erklärte im Zeugenstand u.a., dass er damals kein „o.k.“ gegeben habe, sondern gesagt habe, dass er zur Klärung auf die Wache fahren und wiederkommen würde. Die gewerkschaftlichen Zeugen hingegen bestätigten Brauns Darstellung, dass der Polizist sein o.k. gegeben habe. Der Richter stellte das Bußgeldverfahren ein. Gut für Braun und KollegInnen, dass ver.di Rechtsschutz erteilt hatte. Es bleiben Fragen  zum ungeschützten polizeilichen Umgang mit geschützten GewerkschafterInnen und zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit.  

Kommentar aus der Gewerkschaft: zur Wahrheitsfeststellung brauchen wir künftig eine Initiative „BürgerInnen beobachten die Polizei“.

Die umfangreiche Berichterstattung von Radio Flora zum Ersten Mai 2020 findet sich hier:

Erster Mai 2020, Teil 1

Erster Mai 2020, Teil 2


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